Wild and Root Berlin Food Art Week

Um mehr über unsere Vision zu erfahren, findet ihr hier das Interview für Foodora mit Linda Lezius, Gründerin und Eating Designerin bei Wild & Root.

Wie sieht heutzutage die Beziehung zwischen Mensch und Lebensmittel aus?

Die Beziehung zwischen Mensch und Lebensmittel ist im ständigen Wandel. In der Vergangenheit war der Zweck des Essens hautsächlich uns zu nähren und somit zu überleben. Das demografische Wachstum hat uns dazu gezwungen, Länder zu bewirtschaften und in kürzerer Zeit immer mehr Kalorien innerhalb des Land zu produzieren. Weniger um eine erhöhte Qualität sicherzustellen, sondern um die Quantität zu steigern. Der französische Anthropologe und Ethnologe Claude Lévi-Strauss definierte kochen als den ersten Akt von Zivilisation und Handwerk. Daraufhin entwickelten wir Traditionen und Rituale um das Kochen und bemühten uns seither unsere Bedürfnisse, welche sich auf politische und wirtschaftliche Bedingungen unseres individuellen Landes begründen, anzupassen.

Über die Jahre haben wir unsere Produkte optimiert und verändert, sodass wir einen Höhepunkt an Fertigprodukten mit reichlich Zucker und schlechten Fetten erreicht haben, das sogenannte “Convenience Food”. Michael Pollan hebt dies in seiner Dokumentation Cooked mit Hilfe einer wunderbaren Fernsehwerbung der 60er hervor, welche den großartigen Vorteil von Fertigprodukten zusammenfasst, da es „Mutter erlaubt die Nachrichten zu lesen“ und sich somit endlich an dem Weltgeschehen teilhaben kann. Das zeigt klar, dass sich unser Essen immer so anpasst, um die Bedürfnisse der präsenten sozioökonomischen Situation zu erfüllen.

Im Moment ist der Trend zurück zu unseren Wurzeln zu gehen. Wir wollen wissen, was in den Produkten steckt, woher sie kommen und wer sie abgebaut hat. Es geht um natürliche Produkte mit einer Geschichte dahinter.

Der Wunsch authentisch, transparent und unabhängig von der Industrie zu sein, führt uns zurück zu dem Bedürfnis Kräuter anzupflanzen, Kohl zu fermentieren und Kuchen zu backen, so wie es bereits unsere Großmütter getan haben. Wir wollen wieder Selbermachen und wir sind bemüht Handwerk zu erlernen, welches langsam zu verschwinden scheint.

 

Wild and Root Rezeptentwicklung Berlin

Wie können Lebensmittel Nachrichten vermitteln?

Lebensmittel sind einflussreiche Werkzeuge, die viele unterschiedliche Nachrichten transportieren können. Als erstes haben sie einen direkten Einfluss auf unseren Körper. Lebensmittel sind ein Element, dass wir in uns aufnehmen und welches unser Wohlbefinden und Gesundheit bestimmt. In einer Zeit, in der wir mit vielen externen Konflikten konfrontiert sind, wie diversen Umweltthemen oder politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten, fokussieren wir uns zunehmend auf Faktoren um uns selbst und werden uns bewusster über unsere Ernährung und die Produkte, die wir konsumieren.

Lebensmittel sind außerdem ein großartiges Medium, um Menschen miteinander zu verbinden.

Jeden Tag essen wir an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Menschen. Der Akt des Essens ist nicht mehr nur dazu da, um uns zu nähren, sondern wurde besonders auch zu einem sozialen Element, das für Zugehörigkeit sorgt und uns erlaubt, unsere Kultur über das Essen zu definieren. Es schafft ein kulturübergreifendes Gespräch und ermöglicht uns Gemeinsamkeiten zwischen scheinbar unterschiedlichen Nationalitäten zu entdecken. Das macht uns für neue Einflüsse aufgeschlossener und auf fremde Rituale und Bräuche neugierig. Durch traditionelle Gerichte zum Beispiel tauchen wir direkt in die Kultur, Geschichte und Tradition eines Landes ein and können dies gleichzeitig auf ein angenehme und köstliche Weise anderen näher bringen.

Durch das Kochen sind wir nicht nur mit den vielen Bestandteilen unser Lebensmittel konfrontiert, sondern fangen auch an zu hinterfragen, was wir eigentlich konsumieren. Folglich wächst die Nachfrage für regionale und saisonale Produkte aufgrund ihres positiven Einflusses auf unsere Gesundheit. Die Wertschätzung unserer Umwelt und der wunderbaren Produkte, die vor unserer Haustür wachsen, steigt. Die Steigerung des Bewusstseins ist eines der zentralen Ziele von Wild&Root. Durch die interaktiven Elemente, die wir in unseren Veranstaltungen mit einbeziehen, schaffen wir Aufmerksamkeit für die erstaunlichen Vorteile von regionalem, biologischem Anbau. Die spielerische Einbindung unsere Gäste in the Zubereitung ihrer Mahlzeit, kreiert ein einzigartiges Erlebnis in der Gruppe.

In einigen Fällen dient Essen sogar als politisches Werkzeug and kann ein Statement ausdrücken, wie z.B. in Hungerstreiks oder im Boycott gegen bestimmte Lebensmittel und Brands, um unsere Unzufriedenheit gegenüber politischer Macht oder unmoralischem Verhalten zum Ausdruck zu bringen.

Egal ob es Politik, Wirtschaft oder die Umwelt betrifft, Lebensmittel sind ein mächtiges Werkzeug, um verschiedene Nachrichten zu transportieren.

 

Welche Nachrichten können Lebensmittel vermitteln?

Wie bereits vorher erwähnt, gibt es viele unterschiedliche Wege Lebensmittel einzusetzen, als diese bloß zu verzehren.

Einen großen Schwerpunkt legen wir bei Wild&Root auf ein sensibles Bewusstsein der Heilkräfte der Produkte. Wir wollen das großartige Potential, das auf unseren Feldern wächst, hervorheben und dazu anregen diesen Vorteil zu nutzen. Zum Beispiel bei Kopfschmerzen Basilikum einzusetzen, statt Aspirin zu kaufen.

Wir versuchen Menschen zu inspirieren, in die Welt von natürlichen Pflanzen einzutauchen, die viele gesundheitliche Vorteile mit sich bringen. Wir inszenieren Installationen, die sich auf regionale und saisonale Produktdarsteller fokussieren und ihnen erlaubt über ihre Superpower und Gesundheitsnutzen zu erzählen. Unserer Meinung nach können Lebensmittel ihre eigene Geschichte erzählen, wenn Menschen die richtige Perspektive einnehmen, welche uns zur Mission von Wild & Root führt: Teilen, lernen und erfahren. Wir heben Traditionen und Handwerk hervor, welche über Generationen durch Rezepte und besondere Mahlzeiten weitergegeben wurden. Jede Mahlzeit begleitet eine Geschichte und bedingt den Austausch von Erlebnissen. In dem Moment, in dem unsere Gäste am Tisch Platz nehmen, entfachen die Lebensmittel eine Konversation zwischen Fremden. Wir regen sie dazu an, über ihren letzten Besuch auf dem Wochenmarkt zu berichten oder Erinnerungen an ein kulinarisches Highlight aus ihrer Kindheit zu wecken.

Lebensmittel spielen auch eine besondere Rolle in sozialen Kampagnen wie z.B. “Action Against Hunger” (ein Charity Dinner kuratiert von berühmten Köchen und Restaurants, bei denen das gesammelte Geld an Hilfsorganisationen geht, welche gegen Hungersnot in der Welt kämpfen) und “Über den Tellerrand kochen” (wo Geflüchtete ihre Heimatgerichte kochen, so ihre Kultur und Bräuche mit der Öffentlichkeit teilen und das aufgebrachte Geld eingesetzt wird, um Flüchtlingsorganisationen zu unterstützen). Bei der “Schnippeldisko” (organisiert von Slow Food Youth) wird Gemüse, das aufgrund des Abweichens der Norm, aussortiert wird, zu einer großen Suppe verarbeitet, um Bewusstsein für Lebensmittelverschwendung zu schaffen und einen Denkanstoß zu Themen wie TTIP, Massentierhaltung usw. zu geben.

Menschen machen heutzutage zunehmend bewusstere Entscheidungen darüber, was und warum sie es essen, was oft ethnische, ökologische oder gesundheitliche Gründe hat und somit auch sehr stark veräußert wird. Im Moment gibt es eine Fülle an Food Blogs und anderen Dokumentationsplattformen. Dies bildet eindeutig das steigende Interesse der Verbraucher und die facettenreiche Rolle des Essens als Medium der Kommunikation in unserem täglichen Leben ab. Für einen positiven Einfluss und ein sorgsames Miteinander, sind wir bei Wild & Root davon überzeugt, dass wir uns gegenseitig unterstützen sollten, um so ein großes Netzwerk von Gleichgesinnten entstehen zu lassen. Dafür legen wir einen großen Schwerpunkt auf die Kollaboration mit jungen und lokalen Produzenten, Köchen und Künstlern und verbreiten das Konzept des „bewussten Konsums“, in dem wir es für jeden zugänglich machen, unabhängig von individuellem Hintergrund und speziellen Ernährungsgewohnheiten.

Essen ist heutzutage auch sehr demokratisch geworden. Man muss nicht viel Geld oder bestimmte Fähigkeiten besitzen, um Essen zu genießen. Du kannst ein einfaches Gericht zu Hause kochen, in einem schicken Restaurant essen gehen oder einer strengen Diät folgen. Niemand macht dir Vorschriften, außer du dir selbst. Natürlich kann es abschreckend erscheinen, mit dem Kochen zu beginnen und diesen unbekannten Bereich zu betreten. Wenn man offen und experimentierfreudig ist, kann man mit Leichtigkeit unterschiedliche Techniken und Zutaten ausprobieren und schauen, was einem gefällt. Du kannst auch einen Döner um die Ecke genießen und eine vegane Super Bowl am nächsten Tag. Wenn du einmal die Vielseitigkeit an Produkten, Zubereitung und Geschmack entdeckt hast, eröffnet sich eine ganz neue Welt, welche zu Entdeckungen, Überraschungen und neuen Erlebnissen einlädt. Verlasse deine Komfortzone und tue, was immer sich richtig anfühlt und was dir richtig schmeckt!